Das Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge (WVK) legt nahe, dass bei der Vertragsauslegung ein Blick in die Vergangenheit eines Vertrags notwendig sein kann. Die Artikel 31 und 32 WVK beziehen sich unter anderem auf spätere Gepflogenheiten und spätere Vereinbarungen bzw. auf vorbereitende Arbeiten, die so genannten travaux préparatoires (Artikel 32). Die Bestimmungen nehmen somit auf unterschiedliche Zeitpunkte Bezug, entweder auf das, was nach dem Inkrafttreten des Vertrags geschah oder auf das, was vor dem Inkrafttreten formell existierte und verhandelt wurde.
Der Fokus des Vortrags lag auf Fragen, die sich mit dem Prozess der Vertragsauslegung in der Vergangenheit und heute befassen. Vorbereitende Arbeiten werden zunehmend nicht mehr erstellt und es macht den Anschein, als würden sie an Relevanz verlieren.
Obwohl sowohl Art 31 als auch Art 32 WVK ein "organisiertes" Regelwerk für die Vertragsauslegung bieten, stellt sich aus der Sicht der Praxis jedoch die Frage, ob diese Verweise auf die Vergangenheit eines Vertrags auch heute noch hilfreich für den Auslegungsprozess sein können.
Das Institut für Völkerrecht bedankt sich bei Prof. Liesbeth Lijnzaad für den Besuch in Graz und für den interessanten Vortrag. Weiterer Dank gilt allen Präsenz- sowie OnlineteilnehmerInnen für die spannenden Diskussionsbeiträge.
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